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Zen, Herrigel und Bogenschießen

Die Argumente von Prof. Yamada --
Eine Kurzfassung von Johannes Ibel

Das ganze Konzept des "Zenbogenschießens" ist weder traditionell noch japanisch. Es entstand, als Eugen Herrigel, ein deutscher Philosophieprofessor, der von 1926 bis '29 in Sendai Kyudo lernte, seinen Lehrer Awa Kenzo über- und fehlinterpretierte. Dieses Mißverständnis har mehrere Ursachen:

Herrigels "Zenbogenschießen" ist also nicht nur einen, sondern zwei Schritte weg von traditionellem Kyudo: Es ist eine Fehlinterpretation eines eigentümlichen, nicht-traditionellen Kyudoverständnisses.

Als Arbeitshypothese gehe ich davon aus, daß Herrigels Buch auch eine wesentliche Quelle für die allgemeine Behauptung ist, daß alle Kampfkünste eigentlich tief vom Zen beeinflußt seien. Die allgemeine Idee, daß der Zen-Buddhismus "die Religion der Samurai" gewesen sei, ist jedenfalls historisch falsch, egal wie passend sie im nachhinein wirken mag. Wie die Mehrheit der Bevölkerung sonst auch, waren die Bushi sehr viel mehr anderen buddhistischen Sekten zugeneigt, etwa dem esoterischen Shingon-Buddhismus oder der Lehre vom reinen Land.

Das bedeutet trotzdem nicht, daß Kyudo (oder irgend eine andere Kampfkunst) nicht als zen-inspirierte Übung verstanden werden kann, da sozusagen alles (inklusive Stillesitzen, Kloputzen oder Geschirr spülen) als eine solche Übung dienen kann. Eine traditionelle Auffassung oder "bessere" Kampfkunst ist das allerdings nicht. Es gibt zwar in der Tat auch im kriegerischen Kyujutsu einzelne Interpretationen mentaler Zustände, die auf Formulierungen des Buddhismus zurückgreifen. Mit Awas Lehren oder Herrigels Vorstellungen von Zen hat dies aber nichts zu tun.

Solche Analysen waren seit etlichen Jahren Teil der Herrigelrezeption im interessierten Kyudomilieu, zum Beispiel war dies eines der Themen auf dem 1. Internationalen Kyudosymposion in Hamburg 1994. Kürzlich hat Prof. Yamada, selbst aktiver Kyudoka, einen Artikel geschrieben, der in überarbeiteter englischer Übersetzung im Japanese Journal of Religious Studies, Spring 2001, 28/1-2, herausgegeben wurde. Er stellt hier den aktuellen Stand der Diskussion mit ausführlicher Dokumentation dar.

Mit freundlicher Genehmingung von Johannes Ibel.